Habt ihr auch das Gefühl dass es im Kino nur mehr Remakes, Reboots, Reimaginations, Prequels und Sequels gibt? Kommt euch alles schon ein bisserl ZU retro vor? Uns auch. Diesem Thema wollen wir uns in unserer zweiten Episode, die passenderweise am 21. Oktober 2015, also dem ‘Back to the Future Day’ erscheint, ausführlich widmen.
Als Einstimmung dazu der folgende kurze Artikel mit dem Titel “Play it again, Sam” den Max im März 2013 für kinomo.at bzw die Grazer ÖH-Zeitschrift ‘Libelle’ verfasst habe. Viel Spaß beim Lesen und wir freuen uns jetzt schon über Fragen, Kommentare und Diskussionsanregungen auf unserer Facebook-Seite!
Play it again, Sam
von Max Werschitz
Zuerst wollte ich ja nur etwas über Remakes schreiben. Seit Beginn des neuen Jahrtausends hatten diese gefühlsmäßig etwas überhand genommen; als erstes aufgefallen war mir die Wiedergeburtswelle der 70er/80er Horror-Klassiker (Texas Chainsaw Massacre, Nightmare on Elm Street, Romeros Zombiestreifen, etc), doch es blieb nicht genrespezifisch: plötzlich war da auch ein neuer Planet der Affen, ein neuer Untergang der Poseidon, ein neuer Kampf der Titanen… vielgeliebte Kindheitserinnerungen, für eine neue Generation neu aufbereitet. Ich musste unweigerlich an eines der Leitmotive aus der großartigen Serie Battlestar Galactica denken: „All this has happened before, and all of it will happen again“. Ich meine natürlich die Serie von 2004, nicht das 1978er Original. Und muss somit zugestehen dass Remakes nichts per se Schlechtes sind.
Kaum hatte ich mich an den Gedanken gewöhnt, ging es erst so richtig los. Und schon redete auch keiner mehr von Remakes, die neuen Zauberwörter hießen ‚Reimagination‘ und ‚Reboot‘: J.J. Abrams nahm sich 2009 Star Trek (und 2015 Star Wars, welch Ironie) vor, Marc Webb durfte Spider-Man nur 5 Jahre nach Sam Raimis letztem Teil wieder auf die Nachbarschaft loslassen, und auch Christopher Nolans prägende Batman-Trilogie, selbst schon ein Reboot, wird bald neubestiefelte Nachkommen haben.
Aber nach etwas Recherche musste ich feststellen dass all das nur ein Teil eines repetitiven kulturellen Gesamtphänomens ist. Schauen wir uns doch mal die globale Box Office Top Ten des letzten Jahres an: The Avengers, Skyfall, The Dark Knight Rises, The Hobbit, Ice Age: Continental Drift, The Twilight Saga: Breaking Dawn Part 2, The Amazing Spider-Man, Madagascar 3, The Hunger Games und Men in Black 3. Fällt euch was auf? Ja, es ist der zuvor bereits erwähnte Spider-Man dabei, ein einziges Remake also, keine große Sache. Doch das eigentlich Interessante sind die neun anderen: fünf Sequels, drei Literaturverfilmungen (zumindest falls man auch Stephenie Meyers pubertäre Schreibtherapie als „Literatur“ bezeichnen will), und eine Comicverfilmung. Fazit: Streng genommen kein neues Material.
Gut, das könnte natürlich ein statistischer Ausreißer sein. Wie sah es also davor aus? Tja, in den jährlichen Top 10 hat das Verhältnis von bekannt (Remake, Sequel, Literatur- oder sonstige Quellenverfilmung) zu neu schon lange eine ziemlich gewaltige Schlagseite: 10:0 (2011), 9:1 (2007), 8:2 (2010, 2006), 7:3 (2008, 2005, 2003, 2002, 2001), 6:4 (2009, 2004). Und 2013 wird nicht anders: garantierte Kassenschlager mit Begleitnummer wohin das Auge reicht (u.a. Fast and Furious 6, Die Hard 5, Iron Man 3, The Hangover 3, Kick-Ass 2), Superman wird wieder mal in ein neues Kostüm gezwängt, und sogar der Zauberer von Oz bekommt eine Vorgeschichte.
Da stellt sich natürlich die Frage: Hollywood, warum diese Einfallslosigkeit? Und wer ist verantwortlich dafür – die Produzenten, die dem Publikum immer den gleichen Fraß vorsetzen, oder das Publikum selbst, weil es diesen so bereitwillig in sich hineinstopft? Für beide Seiten scheint jedenfalls zu gelten: lieber bei Bewährtem bleiben.
Die amerikanische Blockbustergeburtsklinik ist kostspielig und damit risikobehaftet. Denn sie muss unter enormem Konkurrenzdruck (nicht nur aus der eigenen, sondern inzwischen auch vielen anderen Medienbranchen) um das Wohlwollen eines Konsumenten kämpfen der statistisch ohnehin nur 4x (in den USA, in Österreich sogar nur 2x) im Jahr ins Kino geht. Und so behandelt der durchschnittliche Großstudioverantwortliche den durchschnittlichen Kinobesucher, ähnlich wie der Neoliberale das Finanzkapital, wie ein scheues Reh das man auf keinen Fall verschrecken darf. Und fährt auf dem hauptabendlichen Mainstreamhighway eben lieber ohne Fernlicht. Die Gefahr, eventuellen Wildwechsel zu spät zu sehen ist minimal – das Massenpublikum ist eine Herde Wiederkäuer die brav auf der heimischen Wiese bleibt.